Annexe VII Michael Mästlin à Johann Faulhaber, Tübingen, 18.01.1610
Universitätsbibliothek Tübingen, Mi XII 27b.
p. 403-405
Texte intégral
1Ehrnvester, fürgeachter, dem Herrn seind mein gantz willige Dienst, ieder Zeit berait. Insonders günstiger Herr, es hatt verschinen Mittwoch, den 13. dis, Herr Matthæus Beger, Bürger zu Reuttlingen, mein, wie des Herrn günstiger Herr vnd gutter freund, mir des Herrn Schreiben, sampt von Ihme in verschinen Jar publicierten Calender, wol eingeantwortet. In welchem Ich befunden, das der Herr vor einem Jar zuvor den newlich erschinen, vnd nun mehr widerumb verloschnen Cometen, auf den 1. Septembris praediciert hatt. Von solchem als Ich hievor ettwas gehört, hab Ich mich nit wenig verwundert, vnd deswegen Ich vnd Andere, wie auch in sonderhaitt M. Straus, mein gutter Herr vnd freundt, nicht allein solchen Calender, sonder fürnemlich das prognosticon gern möchten gesehen haben. Dann wie wol Ich kein Astrologus bin, mich auch niemals darauf begeben: Jedoch dieweil Ich nun mehr in ettlich Jaren hab in viler vnderschidlicher Practicanten Prognosticis gelesen, das Sie auf Erscheinungen der Cometen Andeuttung gethon; hab Ich doch mehr auf Ihre rationes et fundamenta Astrologica, welche Sie allmal disertè beygesetzt, (die Sie doch hernacher, wanns Ihnen gefählt, stillschweigendt seind für v̈bergangen) gesehen: Also hetten ich vnd M. Straus, zwar mehr aus fürwitz, als aus Notturfft, das Prognosticon vnd Astrologische Vrsachen, oder ja auf welchen grund die Mutmassung eins künfftigen Cometen gegründet were, vernemmen mögen. Nun sihe Ich in des Herrn Calender (für dessen v̈berschickung Ich mich freundtlich bedancke, vnd wills, wen müglich anderwerts beschulden) Das der Herr nicht nur Andeuttung des Cometen gethon, sonder laße mir sein dexterität, das er selbigen errathen vnd getroffen, wiewol kein fundament, daraus Er, das ein Comet erfolgen möchte, judiciert, gesetzt wirt, wolgefallen.
2Disen Cometen belangendt, wann Er erstmals erschinen seye, ist noch vnbewußt. Das letzte mal hab Ich Ihn den 13. Januarij früe, wiewol Er gar dunckel, doch deuttlich gesehen. Seither war der Himmel bey vns alhie nit mehr hell, vnd des herzu nahenden volmons liecht ie langer ie heller. Sein lauf war, wie bewußt, von den lancibus &.li neben dem Arcturo hin (welchen Arcturum, vnd mit nichten Martem, wie Herr Hebenstreit in seinen frag stucken, pag. 4. vermeint, er mit seinem Cauda gefaßet hatt) durch den gantzen Bootem, bis hinauf über caudam Draconis, alda Er nit fern von dem kleinen wagen, sich letztes mal hatt, doch kaum, sehen lassen, wie, ob Gott will, solle in kürtze, specificè angezaigt werden.
3In welcher sphæra cœlesti Er stehe, kan Ich nit judicieren, ohn das es gewiß, das Er nicht in regione Elementari, im Lufft, oder sphæra ignis, vnder des Mons Himmel wie die philosophi ex doctrina Aristotelis halten, gestanden ist. Dann Er hatt kein parallaxin ghabt, wie solches aus den obseruationibus klärlich zu erweisen ist. Deswegen Er one Zweifel höher als die Sonn, seinen lauf ghabt, wie hoch aber droben, kan Ich nit erkennen.
4Was sein Bedeuttung seye, halt Ich werde niemandt in specie anzuzaigen wißen. Jedoch ists gewiß, daß er ein erschrocklich, vnd ernstlich Zorn Zaichen ist, Gott helff vns. Ich bin, wie oben gemeldt, kein Astrologus, darumb Ich hiervon nichts zu prognosticieren wais. Aber wer die laidige, betrübte zuständ schier in aller welt, vnd sonderlich in Böhem, ansihet, der mag leichtlich erachten, daß ein schweeres Vnglück ob vns schwebe, vnd zu besorgen, es werden die funckhen des, in Böhem angezundten fewrs, weit, weit, vnd gar weit, vmbher stieben vnd fliegen. Gott sey vns gnädig, vnd erhalte vns. Amen.
5Dis hab Ich dem Herrn zur wider Antwort schreiben wöllen vns samentlich in den gnädigen Schirm Gottes des Allmächtigen bevelhendt. Actum Tübingen den 18. Januarij, Anno 1619.
6Des Herrn Dienstwilliger M. Michael Maestlin, bey löblicher Hohen Schul daselbsten Professor.
7Dem Ehrnvesten Vorgeachten Herrn, Johan Faulbern, RechenMaistern vnd Modisten in Vlm, etc. meinem jnsonders günstigen Herrn. Vlm.

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